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Montag, 12. Oktober 2020, 10:24

Können wir Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen?

Liebe FreundInnen und Mitglieder,

die Kurzgeschichte von Franz Kafka "Vor dem Gesetz" (siehe unten) scheint mir eine äußerst zutreffende Beschreibung unseres gegenwärtigen politischen Zustandes zu sein: Wir BITTEN um Einlass in das Gesetz, statt HINEINZUGEHEN!

In der lebendigsten und freiheitlichsten Phase, die es nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland gegeben hat, in den späten 60er und frühen 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, war das anders. Da haben wir uns nicht um die Türhüter geschert. Wir sind ins Gesetz hineingestürmt, oder richtiger: Wir haben das Gesetz herausgezerrt aus seinen Verliesen! Wir haben nicht Anträge auf Gesetzesänderungen gestellt. Die Rechte, die wir brauchten, haben wir uns GENOMMEN:

Der Wissenschaft, die der ideologischen Absicherung des bestehenden Gesellschaftssystems diente, haben wir in autonomen studentischen Arbeitskreisen eine an den Interessen des Volkes orientierte Wissenschaft substanziell entgegen gestellt und dadurch z.B. alte Examensvorschriften ausgehebelt.

Den Kuppelei-Paragraphen, der das Zusammenwohnen nicht miteinander verheirateter Frauen und Männer unter Strafe stellte, haben wir durch massenhafte Bildung von gemischtgeschlechtlichen Wohngemeinschaften weggeblasen.

Frauen bekannten öffentlich und offensiv, dass sie gegen den Abtreibungsparagraphen 218 verstoßen hatten.

Homosexuelle standen öffentlich zu ihrer sexuellen Orientierung, die damals strafbar war.

So wurde die Realität verändert. Dieser trottete das Rechtswesen dann wohl oder übel hinterher.


Derzeit wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mal wieder überarbeitet. Sprich: durch Einführung zusätzlicher Handschellen und Daumenschrauben soll von der freien Nutzung der erneuerbaren Energien durch Millionen von Menschen noch mehr als bisher abgeschreckt werden.

Anders als der "Mann vom Lande" in Kafkas Text tragen wir dem Türhüter unsere Bitte um ein besseres Gesetz nicht nur mündlich, sondern in wohl formulierten Papieren auch schriftlich vor. Der Türhüter nimmt alles entgegen und stapelt es in seinem Karton.

Warum NEHMEN wir uns nicht das, was nicht nur wünschenswert, sondern überlebensnotwendig für die Menschheit ist?? - Mit Hilfe der Photovoltaik können wir das ganze bestehende, nach den Interessen der konventionellen Stromkonzerne strukturierte Energiesystem schlicht unterlaufen:

Von dem fälschlicherweise oft "öffentlich" genannten Konzernnetz können wir uns abkoppeln und eigene Strukturen aufbauen. Mit einzelnen Insellösungen fängt es an, zu nachbarschaftlichen Verbundstrukturen wächst es weiter. Wir stehen genau an dem Punkt, den Hermann Scheer folgendermaßen beschreibt:

"Die autonome Aneignung Erneuerbarer Energien durch eine Vielzahl von Akteuren ist die einzige erfolgversprechende Methode, den Energiewechsel rechtzeitig und unumkehrbar gegen die Funktionslogik des überkommenen Energiesystems durchzusetzen. Dieser Weg zum Durchbruch erneuerbarer Energien führt zu einer durchgängig neuen Struktur der Energienutzung, die nur neben der gegenwärtigen entstehen kann – und diese Zug um Zug ersetzt und schließlich überflüssig macht"

Wie war das mit Gandhis "Salzmarsch"? - Die britische Kolonialregierung hatte die indische Salzproduktion zu ihrem ausschließlichen Monopol erklärt. Salzproduktion außerhalb ihrer Direktive war streng verboten.
Gandhi rief die Bevölkerung auf, dies zu unterlaufen: Schüsseln mit (dem damals noch sauberen!) Meerwasser füllen und das durch Sonnenenergie verdunsten lassen. Salz bleibt übrig. - Millionen taten es. Das Kolonialregime wütete. 50.000 Aktivisten kamen hinter Gitter - aber nicht besonders lang, denn das Regime überlebte die Aktion nicht.

Die Sonne ist auch unsere Helferin. Bei uns geht es nicht um Salz, sondern um etwas noch viel bedeutenderes: Stromerzeugung! Wenn diese von wenigen Konzernen in die Hände von Millionen Menschen übergeht, kann auch dies nicht ohne einen Regimewechsel vonstatten gehen.
Ob der "Mann vom Lande" in Kafkas Erzählung uns anregen kann, etwas anderes zu machen als er?

Viele Grüße,
Christfried Lenz


Franz Kafka:
Vor dem Gesetz

Vor dem Gesetz steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der Türhüter sagt, daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Mann überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen.

„Es ist möglich", sagt der Türhüter, „jetzt aber nicht."

Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehn. Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt:

„Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn. Merke aber: Ich bin mächtig. Und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehn aber Türhüter, einer mächtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr ertragen."

Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das Gesetz soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er, aber als er jetzt den Türhüter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine große Spitznase, den langen, dünnen, schwarzen tatarischen Bart, entschließt er sich, doch lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der Türhüter gibt ihm einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen.

Dort sitzt er Tage und Jahre. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden, und ermüdet den Türhüter durch seine Bitten. Der Türhüter stellt öfters kleine Verhöre mit ihm an, fragt ihn über seine Heimat aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie große Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, daß er ihn noch nicht einlassen könne. Der Mann, der sich für seine Reise mit vielem ausgerüstet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den Türhüter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei:

„Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben."

Während der vielen Jahre beobachtet der Mann den Türhüter fast ununterbrochen. Er vergißt die andern Türhüter und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis für den Eintritt in das Gesetz. Er verflucht den unglücklichen Zufall, in den ersten Jahren rücksichtslos und laut, später, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Er wird kindisch, und, da er in dem jahrelangen Studium des Türhüters auch die Flöhe in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Flöhe, ihm zu helfen und den Türhüter umzustimmen. Schließlich wird sein Augenlicht schwach, und er weiß nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird, oder ob ihn nur seine Augen täuschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverlöschlich aus der Türe des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange.

Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den Türhüter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden Körper nicht mehr aufrichten kann. Der Türhüter muß sich tief zu ihm hinunterneigen, denn der Größenunterschied hat sich sehr zu ungunsten des Mannes verändert.

„Was willst du denn jetzt noch wissen?" fragt der Türhüter, „du bist unersättlich."

„Alle streben doch nach dem Gesetz", sagt der Mann, „wieso kommt es, daß in den vielen Jahren niemand außer mir Einlaß verlangt hat?" Der Türhüter erkennt, daß der Mann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an:

„Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn."