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Bildergalerie TTIP, CETA und TISA

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Samstag, 15. April 2017, 20:27

TiSA – Freie Fahrt für transnationale Dienstleistungskonzerne*

Alexis Passadakis schreibt:

Handelspolitik bleibt weiterhin heiß umkämpft. Die freihandelskritische
Bewegung bleibt dynamisch, auch wenn es um sie nach der phänomenalen
Mobilisierung von über 300.000 Bürger*innen gegen CETA am 17. September
2016 etwas ruhiger geworden ist. Seit Januar allerdings rüttelt die neue
äußerst rechte republikanische Regierung in den USA die
Handelsdiplomatie enorm durcheinander. Während das Transpazifische
Abkommen (TPP) definitiv gescheitert zu sein scheint, ist bisher offen,
wie es mit TTIP, NAFTA, der WTO oder TiSA – dem Verhandlungsprozess zu
einem globalen Dienstleistungsabkommen – weitergehen wird. Eine weitere
radikale Liberalisierung und Deregulierung des weitgefächerten
Dienstleistungssektor steht somit weiterhin auf der Agenda.

Offiziell laufen die Verhandlungen zum Trade in Services Agreement
(TiSA) seit 2013. Angestoßen wurden sie von den USA und Australien, die
etwa 50 WTO-Mitglieder als Gruppe der „Really Good Friends of Services“
um sich versammelten, darunter auch die EU. Taktisch ging es mit der
Eröffnung dieser Verhandlungen darum eine Alternative zu den seit 2001
laufenden aber blockierten Dienstleistungsverhandlungen (GATS) in der
WTO zu finden. Idee und Initiative für dieses Vorgehen kamen übrigens
von der US-Coalition of Services Industries (CSI), in der Konzerne wie
Citi Group, FedEX und Microsoft eine wichtige Rolle spielen. Gegenüber
der EU-Kommission, die für die noch 28 Mitgliedstaaten die Gespräche
führt, hat sich als TiSA-Lobbyist vor allem der Verband Digital Europe
mit zahlenreichen Treffen hervorgetan. Digital Europe: Das sind u.a.
Siemens, Amazon, Apple, Google und Microsoft. An dieser Auflistung wird
deutlich, dass neben der Finanzindustrie besonders digitale Unternehmen
ein erhebliches Interesse an TiSA haben. Nicht zuletzt für den
EU-Datenschutz sind das sehr schlechte Nachrichten, denn dieser gilt
vielen Konzernen als störendes „Handelshemmnis“.

Die in Genf geführten TiSA-Verhandlungen betreffen faktisch alle
existierenden Dienstleistungsbereiche: Von Post und Video-on-demand über
Fracking und Bausektor bis hin zu Krankenhäuser und Wasserversorgung.
Diverse lukrative Märkte locken transnationale Konzerne aus der EU: So
fordert die Kommission, dass Japan Zugang zu Flughafen-Dienstleistungen
gewährt, Kolumbien den Fernsehmarkt für EU-Investoren öffnen und wie
auch bei TTIP soll der maritime Transport zwischen US-Häfen für
EU-Reedereien freigegeben werden.

Als sektorübergreifende Regel ist beispielsweise die „Ratchet-“ bzw.
Sperrklinken-Klausel besonders dramatisch. Sie würde es unmöglich
machen, dass künftige Liberalisierungen wieder zurückgenommen werden
können. Ein fiktives Beispiel: Falls sich die aktuelle Bundesregierung
mit ihrer Plänen für die Autobahn-Privatisierung mittels einer
Infrastrukturgesellschaft durchsetzt und bei dieser auch ausländische
Investoren einstiegen, könnte eine künftige Regierung durch TiSA
blockiert werden, wenn sie das absehbare finanzielle Desaster dieser
Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) beenden möchte.

Auch wenn EU-Handelskommissarin Malström und das
Bundeswirtschaftsministerium unter Gabriel und jetzt Zypries nicht müde
werden zu betonen, dass sie aus der Kritik an TTIP gelernt haben und nun
die Transparenz-Flagge hochhalten, die TiSA-Verhandlungen finden unter
strikter Geheimhaltung statt.

Trotz Konflikten wie um den Datenschutz sind die TiSA-Gespräche bereits
weit fortgeschritten. Es war vorgesehen TiSA war im Dezember 2016
abzuschließen. Wegen des Regierungswechsels im Weißen Haus liegen die
Verhandlungen jedoch vorerst auf Eis. Die Trump-Administration hält sich
bzgl. TiSA bisher bedeckt. Die EU-Kommission und die Bundesregierung
setzen sich weiter vehement für TiSA ein.

Neben dem Versuch die weitere Ratifizierung von CETA zu verhindern und
z.B. die EU-Japan und die EU-Mexiko-Verhandlungen zu stoppen sollte die
freihandelskritische Bewegung TiSA, der globale Verfassung für
transnationale Dienstleistungskonzerne, eine hohe Priorität einräumen.

Der kommende Bundestagswahlkampf und die aktuellen diplomatische
Konfrontation um Handelspolitik wie beim G20-Finanzministertreffen im
März in Baden-Baden, bei welcher US-Finanzminister Mnuchin einen
positiven Bezug auf die Freihandelsdoktrin gegen den Rest der Gruppe
verweigerte, sollten als Anlass für weitere Interventionen und Aktionen
genutzt werden. Dabei gilt es sich einer Reduzierung auf einen Konflikt
zwischen „Freihandel vs. Protektionismus“ zu verweigern.
Protektionistische Maßnahmen können als Instrumente in einem
Handelskrieg dienen. Allerdings ist ohne einen Schutz (lat.: protegere =
schützen) sozialer Standards, ohne Umweltschutz und Verbraucherschutz
keine gerechte Handelsordnung möglich.

Nützliche Links:

www.attac.de/tisa <http://www.attac.de/tisa>

www.tisauncovered.org <http://www.tisauncovered.org>