EuGH-Urteil: Kommission scheitert erneut bei Demokratieabbau*
Nationale Parlamente müssen bei Konzernklagerechten mitentscheiden
können / Attac: Handels- und Investitionspolitik grundlegend demokratisieren
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute festgestellt, dass das
Handelsabkommen zwischen der EU und Singapur nur von der EU und den
Mitgliedstaaten gemeinsam beschlossen werden kann. Das Gutachten gilt
als richtungsweisend für die gesamte EU-Handelspolitik. Nationale
Parlamente müssen künftig bei Abkommen beteiligt werden, wenn diese
Konzernklagerechte enthalten: (1) „Eine (…) Regelung, die Streitigkeiten
der gerichtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten entzieht, kann
nämlich nicht ohne deren Einverständnis eingeführt werden.“ Die
EU-Kommission und das EU-Parlament wollten hingegen, dass die
EU-Institutionen Abkommen wie TTIP oder das EU-Japan-Abkommen allein
beschließen können.
_Zweite Niederlage der EU-Kommission innerhalb einer Woche_
Dazu erklärt Valentin Schwarz von Attac Österreich „Das Gutachten des
EuGH ist eine klare Niederlage für die EU-Kommission. Ihr Versuch, ihre
konzerngetriebene EU-Handelspolitik mit so wenig demokratischer
Beteiligung wie möglich umzusetzen, ist zum zweiten Mal innerhalb einer
Woche gescheitert". (2) Das Gutachten bestärkt Attac in der Forderung,
dass in der Handelspolitik nicht weniger, sondern mehr demokratische
Mitsprache nötig ist. Mit dem Urteil ist auch die Gefahr gebannt, dass
die Konzernklagerechte in CETA doch noch ohne nationale Parlamente in
Kraft gesetzt werden, wie das die Kommission angedacht hatte.
_Attac: Handels- und Investitionspolitik demokratisieren_
Für Attac ist es dringend nötig die EU-Handelspolitik grundlegend zu
demokratisieren. „Wozu der aktuelle, undemokratische Prozess führt,
haben wir bei CETA gesehen. Nachdem CETA ohne demokratische Beteiligung
ausverhandelt war, durften die Regierungen Österreichs und der Wallonie
nicht mehr dagegen stimmen, damit die EU „handlungsfähig“ bleibt. Zu so
einer Vorgehensweise darf es nie wieder kommen“, erklärt Schwarz.
Attac fordert, dass künftig alle Parlamente - jene der Mitgliedsländer
und das EU-Parlament - bereits bei der Ausarbeitung von
Verhandlungsmandaten involviert werden. Alle Dokumente sind zu
veröffentlichen, Verhandlungen müssen von Anfang an transparent sein und
unter parlamentarischer und zivilgesellschaftlicher Beteiligung geführt
werden. Fehlentwicklungen müssen bereits während des
Verhandlungsprozesses korrigiert werden können. „Dies würde auch dem
immer größer werdenden Einfluss von Konzernen auf die Politik
entgegenwirken", sagt Schwarz.
(1) „Letztlich ist die Union nur für zwei Teile des Abkommens nicht
ausschließlich zuständig, nämlich für den Bereich der anderen
ausländischen Investitionen als Direktinvestitionen
(„Portfolioinvestitionen“, die getätigt werden, ohne dass eine
Einflussnahme auf die Verwaltung und Kontrolle eines Unternehmens
beabsichtigt ist) und für die Regelung der Beilegung von Streitigkeiten
zwischen Investoren und Staaten.“
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs…/cp170052de.pdf
(2) Erst am 16. Mai erklärte das EU-Gericht den Beschluss der Kommission
für nichtig, mit dem die Registrierung der geplanten Europäischen
Bürgerinitiative „Stop TTIP“ abgelehnt wurde.
http://www.attac.at/news/detailansicht/d…chtswidrig.html
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David Walch
Pressesprecher Attac Österreich