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Bildergalerie TTIP, CETA und TISA

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Freitag, 25. Juli 2014, 22:53

Landtagsrede von Stephan Grüger (SPD) zu TTIP:

3. April 2014.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Wir alle wissen: Hessens wichtigster Außenhandelspartner sind die USA. Darin unterscheidet sich Hessen von vielen anderen deutschen Ländern. Deren wichtigste Außenhandelspartner sind Länder der Europäischen Union.Allein schon deshalb ist die Frage eines Freihandelsabkommens der Europäischen Union mit den USA eine von hessischem Belang. Das gehört auf jeden Fall hierher.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Viele hessische Unternehmen stehen in engem Kontakt mit Handelspartnern in den USA. Opel ist Teil eines US-amerikanischen Konzerns. VW sieht in den USA einen wichtigen Exportmarkt und produziert dort. Das wurde gerade
schon thematisiert.
Letzteres ist vielen wieder unter dem Eindruck der Berichte über das VW-Werk in Chattanooga bewusst geworden.
Dort hat sich die Belegschaft unter dem Druck einer Hetzkampagne republikanischer Politiker konservativer Gruppen
gegen eine Vertretung durch die Autogewerkschaft United Auto Workers und damit auch gegen die Einrichtung
eines Betriebsrates ausgesprochen.
Es ist übrigens nicht so, dass die Politik das verboten hätte.Aber es gibt ein Gesetz, nachdem die Gründung eines Betriebsrates nur möglich ist, wenn es eine Vertretung durch eine Gewerkschaft gibt. Wenn sich die Mitarbeiter gegen eine Vertretung durch die Gewerkschaft entscheiden, kann kein Betriebsrat gegründet werden.
Diese Situation in den USA zeigt schlaglichtartig auf, wie groß die mentalen und politischen Unterschiede zwischen
den USA einerseits und Europa und Deutschland andererseits sind. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Das zeigt
aber auch, dass wir uns in einer globalisierten Welt bewegen und dass diese Globalisierung nicht nur abstrakt eine
Frage der Warenströme ist, sondern insbesondere auch eine der Produktionsbedingungen. Die kann man gestalten.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Man kann die Globalisierung also machtvoll verhindern,indem man sich der Gestaltung verweigert. Das ist aber
nicht die Überzeugung der Sozialdemokraten. Wir sind der Überzeugung, dass man die Globalisierung politisch gestalten muss.
(Beifall bei der SPD)

Damit haben wir übrigens schon seit 150 Jahren gute Erfahrungen gemacht. Wir wissen selbstbewusst, dass es
auch deshalb z. B. das wirtschaftlich erfolgreiche deutsche Mitbestimmungsmodell, Arbeitszeit- und Arbeitsschutzrechte,Verbraucherschutzrechte und vieles mehr gibt, weil wir politisch gestaltet haben.
(Beifall bei der SPD)

Aus dieser historischen Erfahrung sowohl der Sozialdemokraten als auch, da kann ich alle anderen gerne mitnehmen,
der Bundesrepublik heraus speist sich die Überzeugung,dass nicht der Freihandel das Problem ist, sondern dessen
mangelhafte oder falsche politische Gestaltung. Dies gilt auch für das geplante Freihandelsabkommen zwischen der
Europäischen Union und den USA. TTIP bedeutet Transatlantic Trade and Investment Partnership. Das gilt auch für
alle anderen Freihandelsabkommen, unabhängig davon, ob sie geplant oder bereits beschlossen sind.

Das Problem bei dem Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA hat aber eigentlich
einen ganz anderen Namen. Dieser Name lautet Karel De Gucht. Er ist seines Zeichens Handelskommissar. Seit den
Verhandlungen über ACTA ist er für seinen selbstherrlichen,antiparlamentarischen und lobbyorientierten Verhandlungsstil bekannt. Genau damit hat er im Jahr 2012 ACTA schon in den Sand gesetzt. Er ist gerade dabei, das
Gleiche mit TTIP zu machen.
(Beifall bei der SPD)

Das ist also eigentlich ganz im Sinne derer, die TTIP gar nicht haben wollen. Allerdings sind sie dadurch überhaupt erst einmal darauf aufmerksam geworden, was da eigentlich passiert. Viele der Vorbehalte und Proteste gegen das TTIP sind eine direkte Folge des intransparenten Verhandlungsstils des Karel De Gucht.

(Beifall bei der SPD)

Seine offensichtlichen Bemühungen gehen dahin, es vor allen Dingen den Lobbyisten der Wirtschaft recht zu machen.
Meiner Meinung nach ist das eines demokratischen Politikers unwürdig.
(Beifall bei der SPD)

Unvergessen ist der Besuch eines Fernsehteams der Sendung „Monitor“‘ bei De Gucht. Es hat ihn mit Zahlen aus
der von ihm selbst in Auftrag gegebenen Studie des Ifo-Instituts konfrontiert. Sie widersprechen seinem Märchen
von dem riesigen Wirtschaftswachstum und den neuen Arbeitsplätzen klar. Es ist schon gesagt worden: Diese Studie
geht von einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von nur 0,05 % jährlich aus.
Dazu kann man eigentlich nur sagen: Erst intransparent verhandeln und dann auch noch die Öffentlichkeit mit aufgeduppten Zahlen belügen, so schafft man kein Vertrauen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Dabei wäre Vertrauen und unbedingte Transparenz, Bürgerorientierung und verbindliche Durchsetzung von sozialen
und ökonomischen Standards gerade jetzt in der Vertrauenskrise gegenüber der EU eine absolute Notwendigkeit.
(Beifall bei der SPD)

Leider muss ich sagen: Politiker wie De Gucht sind es, die den EU-Kritikern und den rechtspopulistischen Rattenfängern die Wähler zutreiben.
(Beifall bei der SPD)

Es wäre die Aufgabe von Kommissionspräsident José Manuel Barroso gewesen – übrigens Mitglied der EVP und
damit Ihr Parteifreund, meine Damen und Herren von der CDU –, aus De Guchts Fehlleistungen bei ACTA zu lernen
und dafür zu sorgen, dass TTIP anders, nämlich transparent,demokratisch und in enger Abstimmung mit dem Parlament
verhandelt wird. Aber Fehlanzeige. Herr Barroso findet die Verhandlungsführung von Herrn De Gucht offensichtlich
in Ordnung. Ganz offensichtlich stimmt auch hier wieder das Sprichwort, nach dem der Fisch immer vom Kopf her stinkt.
(Beifall bei der SPD)

Wir Sozialdemokraten verlangen, dass die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP endlich transparent ge-
führt werden. Wir erwarten dabei, dass keine europäischen Standards infrage gestellt werden.
(Beifall bei der SPD)

Weder soziale noch ökologische noch ökonomische Standards dürfen infrage gestellt werden. Das ist absolut entscheidend.
Das ist auch die Voraussetzung dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass sie in der EU in guten
Händen sind.

Eine Sache möchte ich dabei noch einmal besonders unterstreichen:
Es ist von absoluter Notwendigkeit, klarzustellen, dass die Frage eines Rechtsschutzes für Unternehmen
durch die bestehenden nationalen Gerichte hinreichend gewährleistet ist. Es ist von daher nicht notwendig, im Rahmen eines Freihandelsabkommens quasi eine Art von Paralleljustiz aufzubauen. Das gibt es schon, und das lehnen wir ab.
(Beifall bei der SPD)

Auch brauchen wir keinen Rat für Regulierungen, in dem sozusagen im Vorfeld der parlamentarischen Befassung
bereits mit Industrieunternehmen oder Verbänden darüber geredet wird, wie ein Gesetz sinnvollerweise gestaltet werden soll. Ich glaube, ich brauche hier in einem Parlament niemanden davon zu überzeugen, dass dieses antiparlamentarische Verhalten auf keinen Fall in ein Freihandelsabkommen hineingehört.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Insofern sind wir Sozialdemokraten dafür, den Freihandel weiter zu verhandeln, aber in einer anderen Art und Weise,als das bisher geschehen ist. Wir freuen uns auf die Beratungen der vorliegenden Anträge im Ausschuss und hoffen auf eine entsprechende Vertiefung. Vielleicht finden wir eine gemeinsame Linie zu dieser für Hessen nicht ganz unwichtigen Frage. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die gesamten Reden zu dem Tagesordnungspunkt finden Sie hier: http://starsrv.intern.hessen.de/cache/PLPR//19/0/00010.pdf<http://starsrv.intern.hessen.de/cache/PLPR/19/0/00010.pdf>




Kommentar:
Also:
Transparente Verhandelungen, keine Bevorzugung der Lobbyisten, unsere sozialen, ökonomischen und ökologischen Standards müssen beibehalten werden, keine parallele außer-staatliche Gerichtsbarkeit und kein Rat für Regulierungen, der unsere Gesetze im Sinne der Konzerne im Vorfeld prägt.
Das ist eine respektable Liste von Bedingungen, die der SPD Sprecher im Landtag forderte.

Wenn es der SPD ernst ist mit diesen Vorbedingungen, könnte sie auch konsequenter Weise einen Abbruch der Verhandelungen fordern. Wer mag glauben,dass die amerikanischen oder kanadischen Verhandler diese Vorbedingungen zur Grundlage des Vertrages machen wollen?