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Montag, 11. Mai 2020, 16:09

Zum EBZ-Urteil des Bundes Verfassungs Gerichts

Zum EZB-Urteil des BVerfG - Das eigentliche Problem ist
die z.T. offen europarechtswidrige Rechtsprechung des EuGH
Der Antrag des Europaparlamentsabgeordnete Sven Giegold auf Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesregierung wegen des EZB-Urteils des
Bundesverfassungsgerichts sowie insbesondere wegen dessen angeblicher „Bedrohung der
europäischen Rechtsgemeinschaft“ ist nicht die Lösung des Problems.
Das eigentliche Problem ist die z.T. offen europarechtswidrige Rechtsprechung des EuGH.
Denn die Rechtsprechung des EuGH ist zum Teil tatsächlich so haarsträubend europarechtswidrig
und wissentlich rechtsbeugend, dass es m.E. nach völlig richtig ist, dass das BVerfG hier endlich
einmal eine klare und inhaltliche Kritik formuliert und auf die Europarechtswidrigkeit hinweist, um
erheblichen Schaden von den BürgerInnen abzuwenden und ihre Rechte sowohl als BürgerInnen der
Bundesrepublik Deutschland als auch Europas zu verteidigen.
Der EuGH hat insbesondere in zwei sogenannten Gutachten im Zusammenhang mit
Verfassungsklagen gegen Freihandelsabkommen massiv europarechtswidrige Entscheidungen
getroffen, an die das BVerfG theoretisch gebunden ist.
Als Rechtsanwältin und Mitglied des „Netzwerks gerechter Welthandel“ bemühe ich mich in diesen
Verfahren seit Jahren, auf die grobe Fehlerhaftigkeit dieser EuGH-Gutachten hinzuweisen und das
BVerfG dazu zu bewegen, gegen diese EuGH-Gutachten zu entscheiden.
Es geht zum einen um das EuGH-Gutachten 2/15, welches die „EU-only-Zuständigkeit“ bezüglich der
Verhandlung und des Abschlusses von EU-Freihandelsabkommen „begründet“.
Tatsächlich kann man jedoch leicht nachweisen, dass dies allein schon aufgrund der originären
Zuständigkeit aller EU-Mitgliedstaaten zur wirtschaftspolitischen Umsetzung des – völkerrechtlich
übergeordneten - Paris Abkommens grob falsch ist. Ich habe dies in meiner
Verfassungsbeschwerdeschrift gegen JEFTA ab S. 42 ff detailliert nachgewiesen:
https://www.vrany.de/fileadmin/downloads/JEFTA-Klage.pdf
Die absolute Unhaltbarkeit des EuGH-Gutachtens 2/15 hat zur Folge, dass alle EU-
Freihandelsabkommen, die fälschlicherweise als „EU-only-Abkommen“ und nicht als „gemischtes
Abkommen“ abgeschlossen wurden und werden, grundsätzlich fehlerhaft und somit rechtswidrig
und unwirksam sind.
Zum anderen geht es um das EuGH-Gutachten 1/17, welches das CETA-Investor-State-Dispute-
Settlement für europarechtskonform erklärt hat und zwar in einer nachweisbar bewusst grob
rechtsbeugenden Weise. Dies weise ich in einem ergänzenden Schriftsatz im Verfahren gegen das
EU-Singapur-Abkommen nach, insbesondere ab S. 5 ff:
https://www.vrany.de/fileadmin/downloads…lage_Final2.pdf
Gerade das CETA-ISDS würde – auch in seiner abgeänderten Form – eine neue institutionalisierte
Möglichkeit für Konzerne schaffen, ihre Profitinteressen gegen Regierungen und deren Pflicht bzw.
Willen zur schnellstmöglichen Umsetzung der Dekarbonisierungspflicht des Paris Abkommens
durchzusetzen und dieses damit massiv zu blockieren, insbesondere weil das Gericht über die
wesentlichen Fragen gar nicht selbst entscheidet sondern an zuvor von internen „Ausschüssen“
getroffene „Feststellungen“ gebunden ist.

Statt einer neoliberalen Institutionalisierung von ISDS ist grundsätzlich ganz im Gegenteil die neu
entstandene absolute Vorrangstellung des Paris Abkommens als „ius cogens“ vor dem in Art. XX
GATT nunmehr fehlerhaft postulierten Vorrang der Interessen von Handel und Wirtschaft gem. Art.
53, 64 WVRK zu bestätigen mit der gravierenden Rechtsfolge einer fundamentalen Neuausrichtung
auch der Wirtschafts- und Handelspolitik sowie der Wirtschafts- und Handelsabkommen - zur
Rettung des Weltklimas und somit zur Rettung der gesamten Menschheit.
Diese völkerrechtliche Verankerung von Klimaschutzmaßnahmen sowie deren elementare neue
Vorrangstellung gegenüber neoliberalen Wirtschaftsinteressen hat der EuGH in seinem „CETA-ISDS-
Gutachten“ grob ausgeblendet statt sie – wie es zum Überleben der Menschheit erforderlich wäre -
gerade auch im Bereich EU-Wirtschafts- und Handelsrecht in der europäischen Rechtsprechung
umzusetzen bzw. durchzusetzen.
Wir bitten das BVerfG deshalb ganz ausdrücklich, sich gegen die EuGH-Gutachten zu stellen und diese
als groben Rechtsbruch zu entlarven, denn der EuGH benutzt seine letztinstanzliche Macht
offensichtlich weiterhin lediglich, um durch grob europarechtswidrige und völkerrechtswidrige
Gutachten europarechtswidrige neoliberale Rechtspositionen gerichtlich zu manifestieren statt die
überlebenswichtige klimapolitische Transformation der gesamten Weltwirtschaft gerade auch auf
rechtlicher Ebene zu unterstützen und höchstrichterlich durchzusetzen .
Die öffentliche Kritik sollte sich daher nicht gegen das BVerfG sondern gegen die massiv neoliberale
und rückwärtsgewandte Spruchpraxis des EuGH wenden.
Eine solche neoliberale und klimaschutzfeindliche Spruchpraxis des EuGH passt im Übrigen auch in
keinster Weise mehr zum „European Green Deal“ der EU-Kommission, den das Europäische
Parlament ebenfalls ganz ausdrücklich unterstützt.
Gisela Toussaint
Rechtsanwältin
Geigersbergstr. 31
76227 Karlsruhe
Germany
Karlsruhe, 10.5.2020