Offener Brief am 24.04.16
Sehr geehrte Frau Gottschalck,
Sie sendeten mir den Link zu einem Artikel des Spiegels, der über die unerträglichen Praktiken von Kali und Salz berichtet. Vermutlich wollen Sie damit Ihre Aufforderung wiederholen, die BI Fracking freies Hessen möge sich doch (auch?) mit diesem Problem befassen.
So erwidere ich noch einmal: Die BI hat an die 20 000 Mitglieder mit der Aussage geworben, dass sie sich gegen Fracking einsetzt. Diesen Inhalt kann die Bürgerinitiative nicht nachträglich umformulieren oder ausweiten. Überdies übersteigt es die Kräfte der aktiven Mitglieder, noch weitere Inhalte zu verfolgen.Fracking und “Freihandelsabkommen“ sind so dicke Bretter, dass die Kapazität der BI schon überbeansprucht ist.
Gleichzeitig versichere ich Ihnen, dass ich die Parallelität der Themen sehe. In allen oben angesprochenen Bereichen spiegelt sich das gleiche Muster: Wirtschaftsunternehmen gelingt es, sehr großen Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. So ermöglicht die Politik den Wirtschaftsunternehmen Rahmenbedingungen, die deren Gewinnerzielung dienen und gleichzeitig dem Allgemeinwohl schaden.
Wenn Sie wiederholt Wert darauf legten, dass die Bürgerinitiative sich um „Kali und Salz kümmern sollte“, geben sie zu erkennen, wie auch Sie der Ansicht sind, dass dort etwas schief läuft. In dieser Frage machten sich in Hessen nun gerade die CDU und die Grünen die Finger schmutzig (die SPD-Landtagsabgeordneten Uwe Frankenberger und Wolfgang Decker applaudierten dazu - siehe im PS.).
Nun ist das Thema der BI Fracking freies Hessen aber Fracking, und damit verbunden sind die „Frei“handelsabkommen. Und in diesen Fragen verhalten sich die SPD und Sie persönlich auf der Bundesebene genauso wie sich die hessische CDU und Grünen in der Kali und Salz Frage verhalten. Die SPD und Sie persönlich erwägen, Fracking und das Handelsabkommen CETA zu ermöglichen, obwohl beides nur den Investoreninteressen dient und gleichzeitig das Allgemeinwohl schädigt.
Diese Aussage will ich noch einmal erläutern:
Fracking hat kurz und langfristig noch gravierendere Umweltwirkungen als die Schweinereien, die Kali und Salz mit Duldung der Politik verursachen. In New York wurde Fracking schon aus gesundheitlichen Gründen verboten. In niedersächsichen Gasfördergebieten gibt es beängstigend höhere Krebsraten, die vermutlich auf Emissionen der Gasförderung zurück zuführen sind.
http://www.frackingfreieshessen.de/index…=krebs#post1185
Schon jetzt gibt es riesige Mengen von giftigem, krebserregendem Bohrschlamm, die durch viele Fracking Bohrungen noch drastisch vergrößert würden. Dieser Bohrschlamm wurde in unverantwortlicher Weise gelagert und man weiß jetzt schon nicht mehr wohin damit.
http://www.frackingfreieshessen.de/index…ght=bohrschlamm
In allen Bereichen- der Atomenergie, der Kohleverbrennung, der Kaligewinnung, beim Behindern der Erneuerbaren Energien und dem Ermöglichen von Fracking wiederholt sich das gleiche Muster. Die Politik vernachlässigt unter dem Einfluss von Wirtschaftsinteressen das Allgemeinwohl. Die Spätschäden dieser Entscheidungen trägt und zahlt zum Schluss die Allgemeinheit.
Wenn diese Form von Politikentscheidungen von wirtschaftsnahen Parteien betrieben wird, ist das traurig genug. Wenn solche Entscheidungen im Interesse der Industrie auch von der SPD und den Grünen getroffen werden, deren Markenkerne soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz waren, ist das zum Verzweifeln.
Noch drei Sätze zur Beschreibung der Handelsabkommen, mit denen auch Fracking hier erzwungen werden kann:
Diese Verträge schaffen die rechtliche Grundlage dafür, dass künftig keine Gesetze verabschiedet werden dürfen, die die „berechtigten“ Gewinninteressen der Konzerne beeinträchtigen.
Diese Gewinnabsicherung der Konzerne geht zu Lasten des Allgemeinwohls und zu Lasten der Demokratie.
Es ist unfassbar, dass die Gewinnerwartungen der Konzerne vor den Risiken gesellschaftlichen Veränderungen von der SPD geschützt werden sollen, während Bürger und Mittelständler dieses Lebensrisiko, der sich zu ihrem Nachteil verändernden Gesetze, selbstverständlich ertragen müssen.
Führende SPD Repräsentanten und auch Sie erwägen, solche Handelsabkommen zu ermöglichen. Mit diesem Schritt würde die SPD ihr einstiges Wählerpotential noch einmal verlassen. Die Rot/ Grüne Koalition liberalisierte den Arbeits- und Finanzmarkt, verringerte die Steuerlast der Wohlhabenden, schaffte Voraussetzungen für die Altersarmut vieler Menschen, verschärfte damit die Spaltung in unserer Gesellschaft.
Der Erfolg dieser politischen Entscheidungen war eine blühende Wirtschaft, die die Reichen reicher und die Armen zahlreicher machte.
Das Wachsen der Linken, resignierende Wahlenthaltungen und nun das Aufkommen der AfD sind auch Folge dessen, dass sich immer mehr Menschen gesellschaftlich abgehängt, in ihrem sozialen Status bedroht und von der SPD nicht mehr vertreten fühlen.
Die weitere Privilegierung der Konzerne durch TTIP, CETA und TISA wird die beängstigende Spaltung der Gesellschaft in immer Reichere und noch mehr Arme vorantreiben und damit zu einer Radikalisierung von immer mehr Menschen führen.
Die weitere Fortführung einer Politik im Interesse der Konzerne wird die einst ehrwürdige SPD vermutlich zu einer bedeutungsarmen Partei machen.
Bitte Frau Gottschalck, folgen Sie dem Interesse ihrer Wähler, streiten Sie für gesellschaftlichen Ausgleich, treten Sie gegen Fracking und CETA ein und werben Sie in Ihrer Partei für eine entschiedene Politik zu Gunsten „des kleinen Mannes (-der kleinen Frau!)“ und für Handelsabkommen, die dem Gemeinwohl dienen und die Demokratie nicht beschädigen.
Noch mit hoffenden Grüßen
Henner Gröschner
PS: Zur Erinnerung
HNA 22.12.2015
SPD-Politiker begrüßen K+S-Lösung
KASSEL. Die SPD-Landtagsabgeordneten Uwe Frankenberger und Wolfgang Decker bezeichnen die vom Regierungspräsidium Kassel erteilte Übergangslösung zur Salzwasserversenkung bei K + S als „gute Nachricht für die Beschäftigten“. Sie erinnern daran, das K + S mit fast 6000 Arbeitsplätzen einer der größten Arbeitgeber in Nord- und Osthessen sei.
Erhalt der Arbeitsplätze
„Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen hat den in der osthessischen Kaliindustrie arbeitenden Menschen, aber auch den rund 800 Beschäftigten am Standort Kassel kurz vor Weihnachten einen riesigen Schrecken eingejagt. Wir begrüßen, dass die Belegschaft nun etwas beruhigter in die Feiertage gehen kann“, erklären sie. Dennoch trage insbesondere die Landesregierung Hauptschuld an den unsortierten Verhältnissen bei K + S. Ein geordnetes Verfahren sehe anders aus. Die Abgeordneten erwarteten von der Landesregierung eine Lösung, die langfristig einen umweltverträglichen Kali-Abbau und den Erhalt der Arbeitsplätze sichert. (jop)